Aus gegebenem Anlass werde ich in drei Blogs drei Aussagen beleuchten, die mir in letzter Zeit begegnet sind. Diese drei Aussagen lauten:
Mein hart verdientes Geld wird vom Staat genommen und er tut nichts für mich.
Die Ausländer sollen wegbleiben oder dorthin zurückgehen, wo sie herkommen.
Das sind doch keine Rechtsextremisten, das sind nur nette junge Leute, die an ihr Land glauben.
Fangen wir heute mal mit der ersten Aussage an. Der Staat nimmt also Geld und tut nichts? Wer ist denn der Staat? Schaut frau da mal beim Alleswisser Wikipedia (Dankeschön!) nach, so stellt frau fest: Staat ist ein mehrdeutiger Begriff, dessen Definition auch Sozial- und Staatswissenschaftlern schwer fällt. Nehmen wir aber mal an, es sei halt die irgendwie geartete politische Vereinigung einer größeren Menschengruppe in einem mehr oder weniger geschlossenen Gebiet, die unter einer mehr oder weniger einheitlichen Form der Machtausübung lebt. So hat es Georg Jellinek laut Wikipedia um die letzte Jahrhundertwende rum definiert. Also: Irgendwie geartete politische Vereinigung einer größeren Menschengruppe. Aha. Menschen bilden den Staat. Er ist also gar nicht so wirklich abstrakt, sondern wir alle selbst sind der Staat bzw. Teil des Staates. Okay.
Und was macht "der Staat" so den ganzen lieben langen Tag? Er regelt das Zusammenleben, unser aller Zusammenleben. Dazu macht er Gesetze, führt diese aus und verwaltet sie. Das klingt irgendwie wieder ziemlich abstrakt. Was ist denn so zu regeln beim Zusammenleben? Aha, im Grundgesetz soll dazu was stehen. Schauen wir doch mal nach:
"Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben." (Präambel Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland)
Oh, ach so, wir waren das selber. Ist also wieder gar nicht abstrakt, es sind natürlich wieder wir Menschen selbst. Okay.
Ja, und sonst so? Was regelt "der Staat"? Pardon, was haben WIR für uns selbst beschlossen durch andere Menschen regeln zu lassen? Würde, Freiheit, Gleichheit, Recht. Ui, das sind aber große Worte. Macht bestimmt viel Arbeit, sowas zu gewährleisten. Für alle Menschen im ganzen Land. Ehe, Familie, Schule. Stimmt, Schule. Kostet ja bei uns nix. Das war mir kurz entfallen. Also zahle ich Steuern, damit meine Kinder in die Schule gehen können oder damit ich in die Schule gehen konnte. In Deutschland gibt es mehr als 8 Millionen Schülerinnen und Schüler (2016/2017), knapp 700.000 Lehrerinnen und Lehrer (2017/2018, allgemeinbildende Schulen) (Quelle: Statistisches Bundesamt) und ca. 33.000 allgemeinbildende Schulen (https://de.statista.com). Das muss bezahlt werden, klingt logisch. Ja, und eine Ausbildung braucht man auch. Kostet (meistens) auch nix, braucht aber ebenfalls viiiiiiel Infrastruktur und viiiiiele Leute, die berechtigterweise entlohnt werden wollen. Schauen wir mal weiter: Polizei. Und Streitkräfte. Ups, stimmt. Geschützt und verteidigt werden würde ich schon auch gerne. Das muss auch bezahlt werden. Gesundheit? Ja, okay, stimmt, Krankenkassen und Ärzte gehören auch zu dem, was beim Zusammenleben geregelt werden muss und vom Staat übernommen wird. Mist, hatte ich echt vergessen. Und schließlich hocke ich natürlich nicht den ganzen Tag in meiner Wohnung. Ich möchte auch eine Bahn oder ein Auto benutzen. Die fahren nicht auf dem Feldweg, sondern auf gut ausgebauten Strecken. Und wer zahlt es? Richtig, ich. Über meine Steuern. Weil wir uns darauf geeinigt haben, dass wir Schulen, Straßen, Polizei, Ärzte und Streitkräfte haben wollen.
Das heißt also: 1. Ich bin Teil des Staates. 2. Es war und ist immer wieder eine gemeinsame Entscheidung, wofür Geld ausgegeben wird. 3. Ich zahle dafür, dass ich die öffentlichen Infrastrukturen nutzen kann. Klingt fair enough. Wenn also das nächste Mal jemand zu Ihnen sagt, der Staat täte nix, dann antworten Sie: Nö, das stimmt nicht. Würde der Staat es nicht für Sie organisieren und zahlen, dann gingen ab sofort Ihre Kinder nicht mehr in die Schule, Sie führen weder auf einer Straße noch mit einem Zug und wenn Sie krank würden, hätten Sie Pech gehabt und könnten beten.