Brief an den Corona-Virus

Lieber Virus,

 

herzlichen Glückwunsch, du hast mich coronisiert. Mein Alltag scheint nur noch aus dir zu bestehen: Corona-Bekämpfungsverordnungen, Corona-Regelungen, Corona-Fragen, Corona-Artikel, Corona-Schutz, Corona-Zahlen.

 

Du bist so klein - und doch stehst du gefährlich, riesig und drohend vor allem anderen. Zwischendurch kämpfe ich mich immer mal wieder durch dein Dickicht durch und sehe einen Schimmer der Welt, wie sie sonst ist - ohne dich. Doch du schiebst dich immer wieder vor. Vielleicht geht das auch anderen so. Und deshalb kann ich es gut verstehen, dass die Menschen Angst vor dir haben, wütend sind, frustriert. Dass Menschen einfach keine Lust mehr auf dich haben. Sie wollen ihr Leben zurück. Und daran sind keine Verordnungen schuld, auch keine Regierungen. Daran schuld bist allein - du. Da kann ich nur sagen: Corona, geh weg! Du Virus bist hier auf diesem Planeten nicht erwünscht.

 

Wir verfolgen dich jeden Tag, um dir näher zu kommen und halten doch respektvollen Abstand. Erst wussten wir gar nicht viel von dir, jetzt schon etwas mehr, von Tag zu Tag mehr, aber du bist geheimnisvoll und nicht leicht zu knacken. Du tust uns nicht gut, gar nicht. Und deswegen wollen wir dir nicht begegnen. Wir haben alles heruntergefahren, sind zuhause geblieben. Nur, um dir nicht zu begegnen. So haben wir die Zahl derer, die du egoistisch, kalt und grausam küsst, tatsächlich reduzieren und viel Leid verhindern können.

 

Jetzt sind die Zahlen niedriger, und wir können uns wieder mehr erlauben, weil wir hoffen, dir in deinen Verstecken nicht zu begegnen. Dennoch müssen wir weiterhin wachsam sein. An den schlimmen Ausbrüchen der letzten Tage und deinem Treiben in anderen Ländern sieht man, dass die Ruhe trügerisch ist. Es zeigt sich, dass du sehr an uns hängst und uns nicht verlassen willst. Unsere Beziehung zueinander ist leider offensichtlich stabil. Du bist unter uns. Das Tückische ist: Wir wissen nicht, wo. Deshalb müssen wir weiter Abstand halten, Masken tragen, uns nicht anhusten und regelmäßig die Hände waschen.

 

Du bist so klein - und doch hast du es geschafft, unser Leben komplett auf den Kopf zu stellen. Respekt dafür. Aber könntest du jetzt bitte trotzdem wieder gehen? Schau doch mal zum Mond, verkriech dich in einem schönen Krater und schau dir uns von oben an. Ist doch viel cooler als hier unten. Du würdest sogar die blauen Ozeane sehen können. Und wenn ich so vermessen sein darf: Wenn du gehst, dann nimm doch bitte gleich den Irrglauben mit, ein einzelnes Land könnte "great again" werden und säße nicht mit in unserem gemeinsamen Erdenboot, den Irrlauben endlosen Wachstums, den Irrglauben, dass wir weiter über die Grenzen des Planeten hinaus leben und wirtschaften könnten wie bisher. Dann würdest du am Ende doch noch was Gutes für uns Menschen tun.

 

Es grüßt dich von Ferne mit Mund-Nasen-Schutz

Katrin